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Objekt des Monats Dezember 2023 - Französische Ansichtspostkarte aus Trier

Kaiserstraße Trier (Postkarte, Stadtarchiv Trier, Signatur: Bildslg 11, Gr. 27-12 Nr. 1)
Kaiserstraße Trier (Postkarte, Stadtarchiv Trier, Signatur: Bildslg 11, Gr. 27-12 Nr. 1)

Gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrags übernahm Frankreich im Jahr 1919 die Militärverwaltung in Trier. Innerhalb kurzer Zeit erlebte die Stadt den Zuzug von mehreren Tausend Angehörigen der französischen Armee. Ob kurz oder lang an der Mosel stationiert, nutzten sie die Möglichkeiten des Postverkehrs, um mit ihren Verwandten und Bekannten in der Heimat in Kontakt zu bleiben. Die Druckereien reagierten prompt auf die Nachfrage und stellten Ansichtspostkarten her, die Trierer Motive mit französischen Textelementen kombinierten. Das hier gezeigte Exemplar, das die Straßenflucht der Kaiserstraße in Richtung Mosel zeigt, trägt die Aufschrift „Rue de l´Empereur“ (Kaiserstraße) und „La Tour Rouge“ (roter Turm). Karten wie diese wurden nach fotografischer Vorlage in einem Flachdruckverfahren hergestellt und kunstvoll koloriert. Nach und nach setzte sich auf der Vorderseite die Fotografie selbst durch. Die Druckereien produzierten die Karten gewöhnlich in hoher Auflage, sodass auch heute noch etliche „ungelaufene“ Exemplare über den antiquarischen Handel erhältlich sind.

Das Stadtarchiv verwahrt seinerseits eine umfangreiche Überlieferung an Ansichtspostkarten. Neben den abgeschlossenen Privatsammlungen von Dr. Ernst Piro (1863–1914) und August Hertmanni (1927–2002), die zusammengenommen mehr 30.000 Karten zu Trier und Region umfassen, führt das Stadtarchiv eine dritte Sammlung, die durch gezielte Anschaffungen beständig erweitert wird. Aktuell wird dieser Bestand, der die Signatur „Bildsammlung 11“ trägt, in der Tiefe erschlossen und entsprechend seiner thematischen Bandbreite nach einzelnen Gruppen verzeichnet. Das Spektrum umfasst unter anderem Kirchen, historische Gebäude, Plätze, Straßen, Gaststätten, Persönlichkeiten oder wichtige Ereignisse. Die derzeit insgesamt ca. 2.500 Ansichtspostkarten aus der Bildsammlung 11 werden demnächst auch über das Online-Findbuch recherchierbar sein. Für die Stadtgeschichte bilden die Karten sehr wertvolle Quellen, denn als Informationsträger haben sie es in sich: Die vielen Ansichten verdeutlichen nicht nur den Wandel des Stadtbildes im späten 19. und 20. Jahrhundert, sondern auch die Karten an sich bilden manifeste Zeugnisse zur Trierer Druckerei- und Kulturgeschichte. Einen Quellenwert besitzen so ebenfalls die Rückseiten der „gelaufenen“ Objekte mit ihren Briefmarken, Stempeln und nicht zuletzt den Botschaften ihrer Absender, die mal humorvoll, mal traurig, mal kurz und bündig ausfielen. Aus historischer Sicht entspricht ihre Kehrseite somit ganz und gar nicht der sprichwörtlichen Schattenseite – auch wenn die handgeschriebene Karte einer Kommunikationsform entspricht, die ihrerseits einen zunehmend historischen Charakter annimmt.

Jort Blazejewski