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Objekt des Monats Februar 2024 - Benutzungsordnung von 1894

Benutzungsordnungen Stadtarchiv und Stadtbibliothek ab 1894 (Stadtarchiv Trier, Signatur: Tb 34 / 24)
Benutzungsordnungen Stadtarchiv und Stadtbibliothek ab 1894 (Stadtarchiv Trier, Signatur: Tb 34 / 24)

Vor 130 Jahren schlug die Geburtsstunde des „modernen“ Stadtarchivs, als der Trierer Stadtrat beschloss, das Archiv mit der Stadtbibliothek zu vereinigen. Vorausgegangen waren intensive Bemühungen des Stadtbibliothekars Max Keuffer (1856-1902), der sich dafür eingesetzt hatte, das von der Stadt stiefmütterlich behandelte Archiv neu zu organisieren. Praktisch hatte der Ratsbeschluss von 1894 zur Folge, dass Keuffer neben der Bibliothek auch das wertvolle historische Archiv in seine Obhut nehmen konnte. Da seine Doppelfunktion mit einem beträchtlichen Arbeitspensum verbunden war, erhielt der Stadtbibliothekar und nunmehr auch -archivar berechtigterweise eine Gehaltserhöhung – dies ebenfalls mit der Zustimmung der Ratsmitglieder.

Aus diesem Anlass präsentiert das Stadtarchiv seine erste eigene Benutzungsordnung von 1894, die von dem damaligen Oberbürgermeister Karl de Nys (1833–1907) genehmigt wurde. Sie bietet Eindrücke von der Beschaffenheit des Trierer Archivs im späten 19. Jahrhundert, das sich zunächst im Rathaus befand und anschließend in die Jesuitenstraße überführt wurde, wo damals die Stadtbibliothek ihren Standort hatte. Hier konnten die Altbestände unter verbesserten Bedingungen wie ein Schatz verwahrt werden, denn außer dem Stadtbibliothekar und -archivar durfte nur der Oberbürgermeister persönlich über den Schlüssel zu den geschützten Räumlichkeiten verfügen. In der Benutzungsordnung ist nachzulesen, dass der Name der vereinigten Institutionen fortan „Öffentliche Bibliothek und historisches Archiv der Stadt Trier“ lautete. Damit trat das „moderne“ Archiv erstmals offiziell in Erscheinung. 

Historisch gesehen waren weder der Begriff noch die Funktionen des Archivs neu. Stadtarchivare gab es in Trier bereits in früheren Jahrhunderten. Zu ihrem Kerngeschäft gehörte es, neben den Verwaltungsakten insbesondere die Rechtstitel aufzubewahren und diese so zu ordnen, dass sie bei Bedarf schnell auffindbar waren. Es überrascht daher nicht, dass regelmäßig Juristen oder Notare mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe betraut wurden. Das von ihnen angelegte und gepflegte Archiv diente ausschließlich der Stadtverwaltung und war für Außenstehende nicht zugänglich. Die erste moderne Benutzungsordnung von 1894 sah demgegenüber bereits zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten vor und wies somit weit in die Zukunft. Im 21. Jahrhundert kommt das Stadtarchiv neben seiner Verwaltungsfunktion einem öffentlichen Auftrag nach. Als „Gedächtnis der Stadt“ versteht es sich heutzutage als eine wissenschaftliche und kulturelle Einrichtung, die durch ihre historisch gewachsene Vereinigung mit der alten Stadtbibliothek, heute der Wissenschaftlichen Bibliothek der Stadt Trier, und der Schatzkammer nicht mehr wegzudenken ist. 

Jort Blazejewski