Sprungmarken

Objekt des Monats April 2024 - Einblicke in die Werkstatt von Immanuel Kant: der Trierer Brief

Brief von Kant, datiert Königsberg, 09.05.1798 (Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, keine Signatur)
Brief von Kant, datiert Königsberg, 09.05.1798 (Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, keine Signatur)

Der heutige Leser erhascht durch diesen Brief - der ab dem 23.04. im Rahmen der Ausstellung „Vernunft jetzt! Kant 300“ in der Wissenschaftlichen Bibliothek Trier zu sehen ist - einen beinahe zeitlosen Blick hinter die Kulissen des Verlagswesens und auf die Arbeitsweise Kants. Schließlich könnten einige von Kants Anmerkungen auch Reaktionen eines heutigen Autors auf den Erhalt von ersten Druckfahnen sein. Die Schriften Kants erscheinen dadurch weniger als zeitlose Monumente, sondern vielmehr als etwas menschlich Gemachtes.

Primär geht es im Brief nämlich um kleinere Korrekturen und Änderungswünsche in einer der letzten Schriften, die Kant selbst herausgegeben hat, der Schrift mit dem Titel Streit der Fakultäten, die bis heute zu den weniger rezipierten Werken Kants zählt. Sie basiert auf einer Reihe von Vorlesungen für die breite Öffentlichkeit, die Kant gehalten hatte. Zu dem Zeitpunkt, zu dem Kant mit Nicolovius über die Drucklegung dieser Schrift korrespondiert, hat er schon die gravierenden Umbrüche in der philosophischen Landschaft bewirkt, wegen deren wir ihn auch heute noch kennen, und war bereits bekannt als der „alles zermalmende“ (Mendelssohn 1785: Morgenstunden [2]). Mit seiner ausentwickelten kritischen Philosophie schon ‚im Gepäck‘, geht er im Streit der Fakultäten das Verhältnis der Philosophie zu anderen Wissenschaften, und zwar zur Theologie, den Rechtswissenschaften und der Medizin, an. Ein Thema, das auch heute, in Zeiten der Interdisziplinarität und Vernetzung nichts an Relevanz verloren hat. Hierbei geht es ihm nicht zuletzt um die Frage, wie das Problem gelöst werden kann, welche Wissenschaft Deutungshoheit über Sachfragen beanspruchen kann. Auch die Thesen, die er dort vertritt, die auf tiefreichenden Grundlagen in seinem philosophischen Schaffen beruhen, sind nach wie vor brisant: So spricht Kant hier von der Notwendigkeit einer stets revisionsoffenen, unabhängigen Bewertung tradierten Wissens, davon, dass niemals blind geglaubt werden dürfe, und von einer Hoffnung für die Menschheit als Ganze, auch in finsteren Zeiten.

Wer mehr darüber erfahren möchte, wie sich derartige Vorstellungen bei einem der großen Denker des 18. Jahrhunderts entwickelt haben, wer seine Vorgänger waren und wie die Kantischen Gedanken aufgenommen wurden, kann darüber einiges in der von der Kantforschungsstelle der Universität Trier in Kooperation mit der Wissenschaftlichen Bibliothek organisierten Ausstellung zum 300. Jubiläumsjahr erfahren.

Zu der feierlichen Eröffnung mit einleitendem Vortrag von Frau Prof. Dr. Engelhard, Professorin für Philosophie der Neuzeit und Leiterin der Kantforschungsstelle der Universität Trier, sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Er wird am 23.04. um 17:00 Uhr im Vortragsraum der Stadtbibliothek stattfinden. Hier werden Sie Gelegenheit erhalten, sich über historische Perspektiven und aktuelle Themen der Kantforschung zu informieren und Ihre eigenen Fragen an Experten zu stellen.

Bitte wenden Sie sich zur kostenlosen Anmeldung für die Vernissage und den Festvortrag an: anmeldungenweba@trier.de

 

 
Bildergalerie
  • Plakat "Vernunft jetzt! Kant 300" 23. April, 17 Uhr